Grosse Menschenmengen, zuckende Körper, ekstatische Ausbrüche: Die sogenannte «Tanzwut» ist in der europäischen Geschichtsschreibung tief verankert und gehört zu den vielleicht spannendsten Phänomenen der Menschheit. Unerbittliche Tanzeinlagen, die über Tage und Monate zu einer massenhaften Bewegung wurden, füllten die Strassen und endeten mit Erschöpfungszuständen oder gar dem Tod. Im Verlauf der letzten Jahrhunderte wurde immer wieder nach Erklärungen für diese scheinbar willenlose Tanzmanie gesucht. Sie reichten von Besessenheit durch böse Geister bis hin zur medizinischen Entdeckung der – damals ausschliesslich weiblich konnotierten – Hysterie.

Immer wieder dasselbe Muster: Es beginnt beim einzelnen Körper und überträgt sich in Windeseile auf andere. Die hohe Ansteckungsgefahr verhärtete den Verdacht einer unheilbaren Krankheit, ohne ihr eine eindeutige Ursache zuschreiben zu können. Bis heute gilt die unbändige Tanzwut als ungeklärt.

Inspiriert von diesen Ereignissen erforscht die dänische Künstlerin Mette Ingvartsen die kollektive Ekstase in einer postpandemischen Zeit.

Ihr Solo füllt den Raum mit Geschichten, elektronischer Musik und zuckenden Bewegungen. Entgegen einem klassischen Setting befindet sich das Publikum inmitten des Geschehens: Ingvartsen bewegt sich durch die Menschenmenge, als würde sie auf einem öffentlichen Platz tanzen oder in den Rausch eines endlosen Raves eintauchen.

«The Dancing Public» ist eine Einladung, die Tanzmanie im eigenen Körper zu spüren. Gemeinsam entsteht ein unaufhaltsamer Sog, der den Abend in eine einmalige Mischung aus Tanzfest, Spoken-Word-Konzert und ausgelassener Party verwandelt.

Einfach gesagt: In «The Dancing Public» geht es um die Tanzwut. Vor vielen Jahren tanzten die Menschen grundlos und ohne Pause in den Strassen. Im Stück tanzt eine Tänzerin durch das Publikum. Es gibt keine Stühle. Die Zuschauer*innen dürfen mittanzen.

Infos

Dauer: 75 Minuten, keine Pause.
Vorstellung ohne Sitzplätze. Das Publikum verteilt sich stehend im Raum.
Gesprochene Sprache: Englisch; die deutsche Übersetzung des Texts steht hier zur Verfügung: PDF Deutsch
Altersempfehlung: 14+ (Um den Text und die Inhalte der Show zu verstehen, empfiehlt die Compagnie dieses Alter.)
Inhaltswarnungen: Stroboskopische Lichteffekte, laute Musik
Uraufführung: 4.9.2021, PACT Zollverein Essen
Weitere Infos: metteingvartsen.net

Im Anschluss an die Vorstellung vom 26. April in Zürich findet eine Afterparty statt. Hier geht's zum Programm.

Die Vorstellung am 28.4. in Genf ist Teil des Eröffnungsabends des Fête de la Danse Genève. Hier geht's zum Programm.

Credits

Konzept und Performance: Mette Ingvartsen
Licht: Minna Tiikkainen
Bühne: Mette Ingvartsen, Minna Tiikkainen
Musikarrangement: Mette Ingvartsen, Anne van de Star
Musik: Affkt feat. Sutja Gutierrez, Scanner, Radio Boy, LCC, VII Circle, Kangding Ray, Paula Temple, Ron Morelli, Valanx, Anne van de Star
Kostüme: Jennifer Defays
Dramaturgie: Bojana Cvejić
Französische Übersetzung: Gilles Amalvi
Technische Leitung: Hans Meijer
Ton: Anne van de Star
Compagnie-Management: Ruth Collier
Produktion und Administration: Joey Ng

Produktion:
Great Investment vzw
Koproduktion: PACT Zollverein (Essen), Kaaitheater (Brüssel), Festival d’Automne (Paris), Tanzquartier (Wien), SPRING Performing Arts Festival (Utrecht), Kunstencentrum Vooruit (Gent), Les Hivernales – Centre de Développement Chorégraphique National d’Avignon, Charleroi danse centre chorégraphique de Wallonie – Bruxelles, Next festival, Dansens Hus Oslo
Mit Unterstützung von: Fondation d’entreprise Hermès im Rahmen des New Settings Program, Bikubenfonden; Kunstencentrum Buda (Kortrijk)
Gefördert durch: The Flemish Authorities, The Danish Arts Council & The Flemish Community Commission (VGC)

Mette Ingvarsten

Mette Ingvartsen ist eine dänische Tänzerin und Choreografin. Sie erhielt ihre Ausbildung unter anderem an der P.A.R.T.S. in Brüssel und promovierte später an der UNIARTS / Universität Lund in Schweden. 2003 gründete Ingvartsen ihre eigene Compagnie. In den letzten zwanzig Jahren sind zahlreiche Stücke entstanden, die in Europa, Kanada, Australien, Asien und den USA zu sehen waren. In ihren charakteristisch hybriden Arbeiten vereint Ingvartsen Bewegung mit Sprache und Elementen aus der Technologie und den visuellen Künsten. Ihre Ästhetik überzeugt durch eine umfangreiche Recherche in Kombination mit gesellschaftlich relevanten Diskursen von grosser Aktualität. So thematisiert beispielsweise ihre Reihe «The Red Pieces», bestehend aus «69 positions» (2014), «7 Pleasures» (2015), «to come (extended)» und «21 pornographies» (2017), Nacktheit, Sexualität und den menschlichen Körper als Schauplatz politischer Machtkämpfe. 2021 folgte «The Life Work», ein ortsspezifisches Projekt mit Senior*innen zum Thema Migration. Neben Auftritten, Schreiben und Unterrichten beinhaltet Mette Ingvartsens Tätigkeit auch Lehraufträge und Workshops an Universitäten und Kunstschulen sowie die Teilnahme an kollektiven Rechercheprojekten weltweit. Foto © Bea Borgers

 

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